22 Seiten umfasst das neue Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. Die Kreislaufwirtschaft sucht man unter den Eckpunkten vergebens. Nur an zwei Stellen geht es um den Umgang mit Abfällen.

Das Klimakabinett der Bundesregierung war bei der Vorstellung des neuen Klimaschutzprogramms voll des Lobes: Über die gute Zusammenarbeit mit den Kabinettskollegen, vor allem aber über das Klimaschutzprogramm 2030, auf das man sich verständigt hat.
Nur die Umweltverbände zogen ein vernichtendes Urteil: „Lächerlich“ nennt Greenpeace den angepeilten CO2-Preis, von Luftbuchungen und leeren Versprechungen spricht die Deutsche Umwelthilfe, und der Naturschutzbund wirft der Bundesregierung vor, die Dringlichkeit zum Handeln noch immer nicht verstanden zu haben.

Wer die 22 Seiten des Programms durchliest, erfährt einiges über die Einführung eines CO2-Preises und Entlastungsmaßnahmen für Bürger und Wirtschaft. Aufgelistet werden auch sektorbezogene Maßnahmen für die Sektoren Gebäude, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft sowie Industrie und Energiewirtschaft. Und am Ende findet sich auch ein kleiner Abschnitt zur Abfallwirtschaft: Doch dort geht es nur um Methanemissionen von Deponien. Wer nach Anhaltspunkten für die Kreislaufwirtschaft sucht, wird feststellen: Es gibt keine.

„Eine Einsatzquote für Recyclingkunststoff etwa, mit der wir einen wesentlichen Beitrag zum Ressourcen- und Klimaschutz leisten könnten, fehlt völlig“, kritisiert Michael Wiener, CEO des Grünen Punkts. „Als einer der zukunftsträchtigsten Wirtschaftszweige erhält die Kreislaufwirtschaft im Maßnahmenpaket mit Abstand am wenigsten Aufmerksamkeit – das ist schon ein starkes Stück“, so Wiener. „Kreislaufwirtschaft spart CO2 ein, schont wertvolle Ressourcen und schafft zukunftsfähige Arbeitsplätze. Wer dieses Potenzial ignoriert, agiert kurzsichtig.“

„Für uns unverständlich“

Auch der Verband der Deutschen Metallhändler (VDM) zeigt sich enttäuscht. „Der Klima-Kompromiss ist für die Kreislaufwirtschaftsbranche sehr ernüchternd. Das Metallrecycling leistet seit Jahren einen positiven Beitrag für den Umwelt- und Klimaschutz und wird von der Bundesregierung kaum erwähnt“, sagt VDM-Präsidentin Petra Zieringer. Ausschließlich den Sanktionsrufen zu folgen ist wenig kreativ. Es müssen die Branchen gestärkt werden, die für den Umwelt- und Klimaschutz arbeiten – wir tun das.“

Der VDM verweist auf Studien, dass bei der Produktion von einer Tonne Sekundäraluminium gegenüber der Primärproduktion zwischen 7,52 und 11 Tonnen CO2 eingespart werden. Bei der Produktion von einer Tonne Sekundärkupfer werde gegenüber der Primärproduktion zwischen 3,42 und 3,52 Tonnen CO2 eingespart und beim Recycling von Kunststoffen, die beispielsweise bei der Kabelzerlegung anfallen, werde im Vergleich zum Primärprozess ca. 1.195 Tonnen CO2 eingespart.

„Angesichts dieser Zahlen ist es für uns unverständlich, warum das Recycling in dieser Diskussion, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt wird“, so Zieringer. „Wer Umwelt- und Klimaschutz ernst nimmt, darf die Kreislaufwirtschaft nicht vergessen.“

Bioenergie auf Basis von Abfallstoffen

Aus Sicht des Klimakabinetts hingegen sind für die CO2-Einsparungen in erster Linie die Methanemissionen von Deponien relevant. Konkret geht es dabei um biologisch abbaubare Abfälle, die vor dem Ablagerungsverbot im Jahr 2005 deponiert wurden. Diese Abfälle bilden bei ihrer Zersetzung Methan.

„In der Regel wird das gebildete Gas nicht vollständig von den Deponiebetreibern gesammelt, ein Teil entweicht diffus in die Atmosphäre“, heißt es im Klimaschutzprogramm. Das Klimakabinett will deshalb auch weiterhin kleine Deponiebelüftungsprojekte fördern. Außerdem sollen zusätzlich große Deponiebelüftungsprojekte finanziell unterstützt werden. Und als dritten Punkt führt das Klimakabinett die optimierte Deponiegaserfassung an – auch die soll gefördert werden.

Das Thema Abfall spielt aber auch noch an anderer Stelle eine Rolle. So soll die Entwicklung von flüssigen und gasförmigen regenerativen Kraftstoffen aus Biomasse und deren großtechnische Erzeugung in Biogas- und Sytheseanlagen unterstützt werden. Damit sollen sie mittel- bis langfristig in bestimmten Segmenten des Verkehrssektors genutzt werden. Die Erzeugung von Bioenergie soll künftig stärker auf Abfall- und Reststoffen basieren, heißt es im Programm.

Deshalb sei es wichtig, alle Abfall- und Reststoffe tatsächlich zu erfassen. Biokraftstoffe der ersten Generation auf Basis von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen würden nicht zusätzlich unterstützt.

Quelle: © 320° | Deutschlands Online-Magazin für die Recyclingwirtschaft